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Veröffentlicht am 12. August 2024

Höhenprofil - Die Falle des "Küstenparadoxons"

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Das Profil und die daraus abgeleiteten Werte

Nehmen wir an, Sie laden eine KML- oder GPX-Datei mit Ihrer letzten Bergwanderung in den Kartenviewer hoch. Diese KML- oder GPX-Datei ist eine Linie oder ein Polygon, das aus mehreren miteinander verbundenen Punkten besteht und Werte wie die GPS-Position, die Höhe, den Zeitpunkt der Erstellung, usw. enthält. Unser System ermöglicht es Ihnen, automatisch ein Höhenprofil zu erstellen, das von einem Backend-Dienst bereitgestellt wird. Je nach Anzahl der Punkte entspricht das Profil mehr oder weniger genau den Merkmalen der «echten» Landschaft.

Coarse point distribution eines Höhenprofils
Dense point distribution eines Höhenprofiles

Von diesem Profil und den zugrundeliegenden Koordinaten wird eine Reihe verschiedener Parameter abgeleitet:

  • Höchster Punkt
  • Niedrigster Punkt
  • Gesamtaufstieg
  • Gesamtabstieg
  • Gesamtentfernung

Der höchste und der niedrigste Punkt sind trivial, da sie den Maximal- und Minimalwert aller Höhenangaben darstellen.

Für den Gesamtaufstieg (und ebenso für den Gesamtabstieg) addieren wir alle positiven (und ebenso negativen für den Abstieg) Höhendifferenzen zwischen den benachbarten Punkten.

Ascent calculation eines Höhenprofiles

Schon an dieser sehr einfachen Skizze können wir sehen, dass der Wert für den Gesamtaufstieg von der Dichte der Punkte abhängt, bei der obigen groben Verteilung fehlt uns der kleine Graben auf der linken Seite, d.h. der Gesamtaufstieg wäre höher als nur Δh1 + Δh2.

Der alte Viewer verwendete eine relativ grobe Verteilung der Punkte entlang der Strecke mit Punktabständen von ~100-200m. In bestimmten Fällen führte dies zu Problemen, da wichtige Landschaftsmerkmale übersehen wurden (z. B. wurde in der obigen Grafik der höchste Punkt nicht genau gemessen). Mit der Einführung des neuen Viewers wollten wir dies verbessern und haben die zulässige Punktdichte erhöht. Jetzt wird jeder einzelne Punkt berücksichtigt (GPX-Trackpunkte haben je nach Gerät einen mittleren Abstand von einigen Metern).

GPX Profil Beispiel Höhenberechnung

Das "Küstenlinien-Paradoxon"

Bedeutet dies, dass Sie umso bessere Ergebnisse erhalten, je mehr Punkte Ihr Track hat? Leider ist dies nicht der Fall. Stellen Sie sich vor, dass die Punktdichte so gross und damit die Höhenwerte so genau sind, dass selbst das Überschreiten eines Steinblocks einen Anstieg von ~50 cm auf Ihrem Weg bedeuten würde. Dies würde zu einem sehr steilen Anstieg führen, selbst wenn der Weg hauptsächlich horizontal verläuft.

Dieses Problem ist auch als «Küstenlinien-Paradoxon» bekannt, d. h. die kontraintuitive Beobachtung, dass "die Küstenlinie einer Landmasse keine klar definierte Länge hat" (https://en.wikipedia.org/wiki/Coastline_paradox).

Kehren wir zu einem realen Beispiel eines GPX-Tracks zurück und analysieren wir den Höhenunterschied zwischen den benachbarten Punkten:

Höhenprofilberechnung Unterschiede

Wir stellen fest, dass der Höhenunterschied zwischen benachbarten Punkten bei einer dichten Punktverteilung im Vergleich zu einer groben Verteilung gering ist. Wenn wir jedoch alle Höhenunterschiede zusammenzählen, wird der Kontrast ziemlich deutlich.

Höhenprofilberechnung summe

Genauigkeit der Daten

Die zugrunde liegenden Höhendaten haben eine Auflösung von 2 m und eine vertikale Genauigkeit von weniger als 1 m (unter 2000 m) bzw. weniger als 5 m (über 2000 m). Die GPS-Punkte haben eine horizontale und vertikale Genauigkeit von ~5m (abhängig vom Gerät, den umgebenden Objekten und der Lage in der Landschaft). Betrachtet man all diese Genauigkeitswerte, so wird deutlich, dass kleine Höhenunterschiede zwischen nahen beieinander liegenden Punkten (d. h. einige Meter) innerhalb der Fehlergrenzen liegen und nicht berücksichtigt werden sollten.

Der ungünstigste Fall wäre eine horizontale Querung entlang eines steilen Abhangs: Selbst ein vollkommen ebener Weg würde zu einem grossen Gesamtanstieg führen, wenn genaue Höhenwerte und -unterschiede von relativ ungenauen GPS-Positionen abgeleitet werden.

Die folgende Abbildung veranschaulicht die Situation, wo der Pfad einen nahezu horizontalen Weg entlang eines Steins folgt, dieser ist jedoch leicht vom Weg abweicht

Höhenprofils eines horizontalen Weges

Das Profil stammt von der Geraden, die mehr oder weniger senkrecht zur Spur verläuft. Wäre der Punkt an der dargestellten Stelle nur 0,8 m weiter rechts eingetragen worden, wäre die Höhe bereits 2 m niedriger.

Mögliche Lösung

Sowohl der alte als auch der neue Kartenviewer dienen einem breiten Spektrum von Anwendungsfällen und sind nicht primär für die Verarbeitung von GPS-Strecken optimiert. Die Berechnung von abgeleiteten Werten aus einem Profil wie oben beschrieben ist daher bis jetzt recht einfach.

GPX-Strecken

Da GPS-Strecken meist in GPX-Dateien umgewandelt werden, werden wir uns auf diese konzentrieren, wobei uns 2 Lösungen zur Verfügung stehen:

  • Vereinfachung der Responsedaten
    Dies kann geschehen, indem nur Höhenunterschiede berücksichtigt werden, die grösser als ein bestimmter Schwellenwert sind (z. B. 1 m).
  • Vereinfachung der Eingabestecke
    Durch Anwendung des allgemein verwendeten Douglas-Peucker-Algorithmus (https://de.wikipedia.org/wiki/Douglas-Peucker-Algorithmus), um die Anzahl der Punkte in der Strecke um einen Faktor von etwa 50-100 zu reduzieren (zum Beispiel würde eine Strecke mit 25'000 Punkten auf ~ 350 Punkte reduziert).

In einem ersten Schritt haben wir uns für die letztere Lösung entschieden, bei der die Ergebnisse eine grobe Punktverteilung ähnlich der grünen Linie in der obigen Grafik ergeben würden. Die daraus resultierende Höhendifferenz sollte für GPX- Strecken plausibler sein und besser dazu dienen, die Höhenmessung Ihrer typischen Wanderstrecken zu erkennen. Allerdings lässt sich nicht vermeiden, dass diese Vereinfachung in sehr speziellen Fällen zu unerwünschten Ergebnissen führt, um die man sich intern mit der gegebenen Zeit kümmern wird.